Dabei könnte der asiatische Rüstungsboom durch das amerikanische NMD Projekt ausgelöst werden. Mit dieser nationalen Raketenabwehr NMD wollen die USA einen neuen Schutzschirm gegen Raketenangriffe auf ihr Territorium aufbauen. Eine Studie der Firma Rolls-Royce geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die US-Regierung ihre Verteidigungsausgeben in den nächsten 5 Jahren um 15 Prozent auf gut 320 Milliarden Dollar ausdehnen werden, was angesichts der vollen Staatskassen keineswegs unrealistisch erscheint. Fast der gesamte Etat wird dabei US-Firmen zufließen.
Obgleich sich NMD offiziell gegen die Bedrohung durch sogenannte "besorgniserregende Staaten", gemeint sind unter anderem Iran, Irak, Libyen und Nordkorea, richtet, wird sich in erster Linie China provoziert fühlen. Bisher versuchten die Chinesen mit einer eher kleinen Menge an interkontinental einsetzbaren Waffen ihr Prinzip der minimalen Abschreckung durchzusetzen. Doch NMD sowie die deutliche amerikanische Unterstützung für das Nuklearwaffenprogramm Indiens könnte zu einem starken Anziehen der Rüstungsausgaben im ostasiatischen Raum führen. Der britische Sicherheitsexperte Jonathan Eyal vergleicht den Mangel an regionaler Kooperation verbunden mit großen ethnischen Feindschaften mit dem Europa des beginnenden 20. Jahrhunderts: "An nahezu jeder Grenze brodelt Streit."
Anders sieht die Situation in Europa aus. Hier steht mit dem Bau eines neuen Transportflugzeuges vor allem der neu gegründeten Airbus Military Company (AMC) ein zweistelliger Milliardenbetrag der beteiligten Staaten ins Haus. Größter Anteilseigner an AMC ist die Airbus Industries, an der wiederum die deutsch-französische EADS einen Anteil von 80 Prozent hält. Wirklich interessant bleibt hier noch die Frage, wer den Zuschlag zum Bau der Motoren bekommt. Diese machen ca. 30 Prozent des Kaufpreises von geschätzten 85 Millionen Dollar pro Flugzeug aus und könnten dem Unternehmen zu deutlichen Kursgewinnen verhelfen.
Darüber hinaus haben die fünf NATO-Mitglieder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien zusammen mit Schweden entschieden, den Handel mit Militärgütern innerhalb ihrer Staaten drastisch zu vereinfachen. Bisher behinderten bürokratische Hürden ebenso wie sicherheitspolitische Erwägungen der Staaten den Handel mit militärisch nutzbaren Produkten. Auch davon können deutsche Firmen profitieren.
Trotz dieser neueren Prognosen streicht jedoch unter anderem die Daimler-Chrysler-Tochter Dasa mit Sitz in München weitere hundert Stellen. Ein Sprecher der Firma bestätigte, dass daran auch der niedrige Verteidigungshaushalt der Bundesregierung Schuld sei. Die Dasa beschäftigt allein im Bereich Wehrtechnik noch rund 7000 Mitarbeiter und macht in dieser Sparte einen Umsatz von 3,4 Milliarden DM. Vielleicht birgt dieser heutige Konsolidierungskurs auf der anderen Seite aber auch Wachstumspotenzial für die nächsten Jahre.
© Jörg Steinhaus 2000
erschienen in Kronos. Nr. 10. Oktober 2000. Wirtschaft. Seite 8.